Sonntag, Juni 28, 2009

TA Magazin: Roger de Weck - Kapitalismus als Religion

Kapitalismus als Religion

Nach der Fast-Kernschmelze des Finanzsystems erleben wir die Stunde der Ingenieure, die hier eine defekte Röhre ersetzen und dort ein Ventil. Doch der Kapitalismus muss sich von Grund auf erneuern, um das verspielte Vertrauen wiederherzustellen. Ein Essay in fünf Folgen
12.06.2009 von Roger de Weck


Im Nachlass des Philosophen Walter Benjamin fand sich ein Fragment aus dem Jahr 1921, erste Notizen zu einem unvollendeten Essay: «Im Kapitalismus ist eine Religion zu erblicken, das heisst der Kapitalismus dient essenziell der Befriedigung derselben Sorgen, Qualen, Unruhen, auf die ehemals die sogenannten Religionen Antwort gaben», schrieb Benjamin. Kapitalisten würden den Kult des Zweckmässigen auf die Spitze treiben: Das Nützlichkeitsdenken «gewinnt unter diesem Gesichtspunkt seine religiöse Färbung». Doch handle es sich um eine Religion «ohne Dogma», ganz ohne Theologie, da sich die Schar der Gläubigen immer nur an das halte, was jeweils gerade nützlich sei. Einzig und allein die Praxis zähle, es sei «eine reine Kultreligion, vielleicht die extremste, die es je gegeben hat».
Das Jahr 2009 hat den Visionär des Jahres 1921 nicht widerlegt. In der Krise hat der Kapitalismus seine drei wirtschaftsliberalen Dogmen...



Kapitalismus als Religion

Nach der Fast-Kernschmelze des Finanzsystems erleben wir die Stunde der Ingenieure, die hier eine defekte Röhre ersetzen und dort ein Ventil. Doch der Kapitalismus muss sich von Grund auf erneuern, um das verspielte Vertrauen wiederherzustellen. Ein Essay in fünf Folgen
12.06.2009 von Roger de Weck

Im Nachlass des Philosophen Walter Benjamin fand sich ein Fragment aus dem Jahr 1921, erste Notizen zu einem unvollendeten Essay: «Im Kapitalismus ist eine Religion zu erblicken, das heisst der Kapitalismus dient essenziell der Befriedigung derselben Sorgen, Qualen, Unruhen, auf die ehemals die sogenannten Religionen Antwort gaben», schrieb Benjamin. Kapitalisten würden den Kult des Zweckmässigen auf die Spitze treiben: Das Nützlichkeitsdenken «gewinnt unter diesem Gesichtspunkt seine religiöse Färbung». Doch handle es sich um eine Religion «ohne Dogma», ganz ohne Theologie, da sich die Schar der Gläubigen immer nur an das halte, was jeweils gerade nützlich sei. Einzig und allein die Praxis zähle, es sei «eine reine Kultreligion, vielleicht die extremste, die es je gegeben hat».

Das Jahr 2009 hat den Visionär des Jahres 1921 nicht widerlegt. In der Krise hat der Kapitalismus seine drei wirtschaftsliberalen Dogmen — weniger Regeln, weniger Staat, weniger Rücksicht auf Verlierer — so schnell und bedenkenlos beseitigt, dass im Nachhinein klar wird: Diese Dogmen waren gar keine, sie bemäntelten nackte Interessen. Und die Interessenlage hat sich bei Ausbruch der Finanzkrise schlagartig verändert. Regulierung gilt nicht mehr als Strangulierung, der jüngst noch geschmähte Staat ist Tag und Nacht gefragt, während die Geldhäuser als Hauptverlierer (und Hauptverursacher) der Krise Schonung erwarten und erhalten. Der Staat finanziert das Finanzsystem, die öffentliche Hand hat die unsichtbare Hand des Markts abgelöst. So mutiert der Kasino- zum Staatskapitalismus, der Neoliberalismus mündet unverhofft in den Neoetatismus. Trotz gewaltiger Wirtschafts- und Wertekrise ist bislang freilich kein Anbeter des Kapitalismus vom Glauben abgefallen: weil es keinen anderen Glauben gibt. So wie der Atheist unfähig wäre, eine Religion zu begründen, so sind heutige Antikapitalisten in der grossen Verlegenheit, das System zu kritisieren, aber kein eigenes zu haben.

«Seit die sozialistische Alternative nicht mehr verfügbar ist, glaubt diese Gesellschaft an den Kapitalismus. Sie glaubt, dass er ihr Schicksal ist. Und sie glaubt, dass er die einzige Chance ist, ihr Schicksal zu gestalten», schrieb der in Basel wohnhafte Soziologe Dirk Baecker im Sammelband «Kapitalismus als Religion», den er 2003 herausgab. Nur vier Jahre später schlug das ziemlich hausgemachte Schicksal zu, und seither wird am Kapitalismus gebastelt. Es ist die Stunde der Ingenieure, die nach der Kernschmelze des Finanzsystems das Kraftwerk sanieren und erst einmal den GAU abwenden sollen. Also wird da eine undichte Röhre ersetzt, dort eine Leitung umgelegt, hier baut man Ventile ein, links soll eine neue Kontrollstation hin, rechts werden Sicherungen ausgetauscht, hüben ist eine Brandmauer im Bau, drüben ist noch Platz für einen Überlaufbehälter. Der eine Techniker will diesen Hebel betätigen, der andere jenen Hahn ab-drehen — ein hektisches Werkeln ohne Ordnungsprinzip.

Kapitalistisches Manifest
Dabei muss sich der Kapitalismus von Grund auf erneuern, um das verspielte Vertrauen wiederherzustellen. Finanztechnische Anpassungen werden nicht reichen, nötig ist eine umfassende «Reformation» (so wie Martin Luther, Jean Calvin und die anderen Reformatoren einst antraten, das morsche Christentum um-zukrempeln, zu dem es damals auch keine Alternative gab). Mit klügeren Vorschriften über die erforderlichen Eigenmittel der Banken, mit einer Aufsicht über Hedge-Fonds und sonstige Berufsspekulanten, mit technokratischen Vorkehrungen ist es nicht getan. Doch heute hegen viele genau diese Hoffnung: dass der Kapitalismus mit einer leicht revidierten Marktordnung zur Tagesordnung zurückkehren werde. Weiter wie bisher, nur ein bisschen vorsichtiger, weniger prahlerisch, eine Spur moralischer — das ist die Losung derer, die vor der Krise dermassen viel verdienten, dass sie gar nicht daran denken mögen, sich nach der Krise mit drei statt dreissig Prozent Rendite zu begnügen.

«Wodurch überwindet die Bourgeoisie ihre Krisen?», fragte Karl Marx 1848: «Dadurch, dass sie allseitigere und gewaltigere Krisen vorbereitet und die Mittel, den Krisen vorzubeugen, vermindert.» In der Tat ist das im Jahr 2009 das ungeschriebene «Kapitalistische Manifest»: Die Regierungen wollen und müssen die Überschuldungskrise durch weitere Verschuldung überwinden — gar nicht so anders als Bernie Madoff mit seinem Schneeballsystem. Das anhaltende Debakel der Finanzwelt hat ökonomische und mentale Ursachen.
Einerseits wollten Exportländer wie China, Japan, Deutschland, die Niederlande oder die Schweiz unbedingt Überschüsse erzielen, während die USA nur zu gern auf Pump lebten (wobei es ein Rätsel bleibt, dass europäische Sparapostel jahrelang das verschwenderische Amerika als Vorbild hinstellten). Das ganze Land, der amerikanische Staat und die privaten Haushalte verschuldeten sich unmässig, bis Mitte 2007 das Vertrauen schwand: das Vertrauen der ausländischen Geldgeber und schlimmer noch das Vertrauen in diese ausländischen Geldgeber, etwa in die UBS oder die deutsche Immobilienbank Hypo Real Estate, die blind den US-Häusermarkt finanziert hatten. Die Schuldenkrise zieht jetzt Abermilliarden weitere Staatsschulden nach sich. Anstelle der Bankchefs sind die Regierungschefs nun die Croupiers im Kasino.

Andererseits galt während dreier Jahrzehnte (von der Wahl der ultraliberalen Margaret Thatcher zur britischen Premierministerin 1979 bis zum Londoner G-20-Gipfeltreffen 2009, der das Ende des Ultraliberalismus besiegelte) eine Ideologie des übersteigerten Eigennutzes. Sie legitimierte, noch stärker als einst der Kolonialismus, die schiere Gier. Und da diese Gier bald sämtliche Dimensionen sprengte, wurde sie virtuell: An der Börse und auf den zügellosen Finanzmärkten war es der Sieg der Fantasie über die Substanz. Die besten Adressen verkauften «strukturierte» Fantasieprodukte. Kapitalismus und Kapitalisten entfernten sich nicht nur von der Realwirtschaft, sondern von der Realität.

Ambivalente Freiheit
Hinter all dem stand die Mutter aller Deregulierungen, die diese zwei Fehlentwicklungen ermöglichte: der Abbau fast aller Behinderungen und Kontrollen der weltweiten Kapitalströme. Das war zunächst ein Segen. Die neue Freiheit des Kapitals,überallhin zu schnellen, wo gute Geschäf-te winken, verhalf vor allem China und auch anderen Schwellenländern zu einem Wachstumsschub. Dort gediehen junge Unternehmen und eine Mittelschicht, die zuvor mangels Geld keine Chance gehabt hätten. Der Fluch aber war, dass der Kapitalismus aus dem Lot geriet. Immer mehr Kapital floss ins Kasino statt in den Auf- und Ausbau von Volkswirtschaften. Viele Regierungen förderten den Wahnsinn — indem sie die im Kasino erzielten Gewinne nicht länger besteuerten.

Trotz seinem Namen lebt dieser Kapitalismus ja nicht nur vom «Produktionsfaktor Kapital», wie es im Jargon der Ökonomen heisst, sondern ebenso sehr vom «Produktionsfaktor Arbeit». Um Güter herzustellen oder Dienstleistungen zu erbringen, braucht eine Firma sowohl Mitarbeiter als auch Geld. Sobald die Kontrollen des Kapitalverkehrs wegfielen, wurde das Geld mobiler als die Mitarbeiter. Das beweglich gewordene Kapital strömte am liebsten dorthin, wo es wenig oder gar nicht mehr besteuert wurde. Um Kapital und Kapitalisten anzulocken, verringerten oder beseitigten viele Staaten die Steuern aufs Kapital, namentlich die Kapitalgewinn-, Spekulations-, Erbschafts- und Vermögenssteuern. Zudem begünstigten Steueroasen die Steuerflucht. Kapitaleinkünfte wurden je länger, desto massiver entlastet, während der Fiskus die Arbeitseinkommen — also die Löhne und Gehälter, die ja schwerlich ins Ausland ausweichen konnten — verhältnismässig hoch belastete.

Verhärtung
All dies stärkte den Produktionsfaktor Kapital gegenüber dem Produktionsfaktor Arbeit (und beschleunigte den Niedergang der Gewerkschaften). Dreh- und Angelpunkt des Kapitalismus war nicht länger die bodenständige Industrie, sondern die Finanz mit ihren abgehobenen «Masters of the Universe». Und diese setzten sich für die Rendite aufs eigene Kapital vermessene Ziele: bis zu dreissig Prozent Erlös pro Jahr, manchmal mehr. Eine solche Messlatte veränderte die Volkswirtschaften. Branchen, die zwar solide arbeiten, aber weniger gewinnträchtig sind, mussten unter dem Druck von Banken und «Heuschrecken» besser rentieren. Brutale Sparprogramme, die oft an die Substanz gingen, aber die Fantasie der Börsianer beflügelten, waren nicht länger die Ausnahme — sie wurden zur Regel.

Der Kapitalismus verhärtete sich, zumal seit 1989 der äussere Druck ausblieb, für eine halbwegs ausgeglichene Gesellschaft zu sorgen. Nach dem Mauerfall, dem Wegfall der Sowjetunion und dem Hinfall des real existierenden Sozialismus bestand für die Oberschicht keine Gefahr mehr, dass unzufriedene Bürgerinnen und Bürger «zu den Kommunisten überlaufen» würden. Also durfte die soziale Marktwirtschaft etwas unsozialer werden, erst recht, wenn sie sich gegen aufstrebende Billiglohnländer behaupten musste, denen der soziale und der ökologische Gedanke (noch) fremd war. Der Wettlauf der Staaten um niedrigere Kapital- und Unternehmenssteuern bewirkte ohnehin eine Umverteilung von unten nach oben: von den Arbeitnehmern zu den Kapitalgebern und ihren Topmanagern, die selber Kapitalisten werden wollten. So hegten und pflegten viele Regierungen diese «globale Klasse» (Ralf Dahrendorf). Auch die öffentliche Hand bot Managern und Investoren einen «Bonus» in verschiedener Gestalt: Steuerpauschalen für Superreiche, Steuergeschenke an viel reisende Geschäftsleute (die, in London wohnhaft, nur für diejenigen Tage Steuern zahlen, die sie in der Stadt verbringen), Steuerrabatte für Hedge-Fonds-Manager, clevere Steuermodelle und sonstige Möglichkeiten der Steuervermeidung oder schlicht der Hinterziehung.

Ultraliberale, regelrecht staatsfeindliche Ideologen rechtfertigten den überhandnehmenden Steuerwettbewerb, der ja das Gegenteil eines liberalen Leistungswettbewerbs ist, mit zwei Argumenten.

Erstens: Je weniger der Staat das Kapital besteuere, desto mehr Geld bleibe übrig, welches in Unternehmen investiert werde; das schaffe Arbeitsplätze und Wohlstand. Freilich strömte ein wachsender Teil dieses Gelds in die Spekulation. Die Marktwirtschaft verkam zur Blasenwirtschaft. 1990 platzte in Japan die Immobilienblase, 1997 die Blase der fernöstlichen «Tiger-Staaten» wie Südkorea, 2000 die New-Economy- oder Dotcom-Blase und 2007 die Subprime-Blase. Zuletzt verirrte sich das überschüssige, allzu billig gewordene Geld in den Bau von Einfamilienhäusern, deren amerikanische «Eigentümer» nicht einen Cent eigenes Kapital hatten.

Zweitens: Der Staat sei ein grosser Geldverschwender; es sei gesund, ihn knapp bei Kasse zu halten, sagten die Ultraliberalen (und sagen es noch immer, obwohl sich die Finanzwelt als grössere Geldverschwenderin erwiesen hat). Jedenfalls sorge der Steuerwettbewerb dafür, dass die öffentliche Hand nicht aus dem Vollen schöpfe, sondern haushalten müsse, lautete ihre Theorie. Doch in der Praxis — im real existierenden Kapitalismus — kamen neue Kosten auf den Staat zu, auch die Globalisierung bürdete ihm zusätzliche Aufgaben auf.

Verschlankung
Weil der weltweite Wettbewerb unerbittlich wurde, mussten sich unzählige Unternehmen «verschlanken». Sie entliessen nach und nach ihre weniger produktiven Mitarbeiter, die nicht selten bei der Arbeitslosenversicherung oder später bei der Sozialhilfe landeten. Um die Wettbewerbskraft der eigenen Volkswirtschaft im globalen Kräftemessen zu erhalten, sollte der überforderte Staat ausserdem die Infrastruktur modernisieren, das Bildungswesen ausbauen, die Forschung stärker fördern. Unsummen verschlang das politische Pendant zur Globalisierung der Märkte, nämlich der amerikanische Wille zu globaler Vorherrschaft: ruinös die Kriege im Mittleren Osten und die Doktrin, wonach die US-Streitkräfte stärker sein sollen als alle anderen Armeen der Welt zusammen. Mit der Globalisierung ging auch eine neue Welle von Zuwanderern einher, deren Integration aufwendig bleibt. Noch kostenträchtiger waren ganz andere Entwicklungen der Gesellschaft, namentlich ihre Alterung, die ungeahnten Fortschritte der Medizin und der Boom der Gesundheitsversorgung. Westliche Staaten brauchten und verbrauchten nicht weniger, sondern tendenziell mehr Geld. Das bestärkte die Ultraliberalen in ihrer Staatsfeindlichkeit und in ihrem Willen, den internationa-len Steuerwettbewerb anzuheizen — um den bösen Stiefvater Staat doch noch auszuzehren.

Der Kampf gegen Staatsdefizite beherrschte lang die europäische Debatte. Und jetzt? Ultraliberale fordern, der nun wirklich hochdefizitär gewordene Staat, dem die Finanzwelt Riesenschulden und eine bleierne Wirtschaftskrise aufbürdete, solle unverdrossen die Steuern senken: um die Konjunktur anzukurbeln. In Zürich — seit den frühen Siebzigerjahren ein Hort des Ultraliberalismus — will die bürgerliche Mehrheit mitten in der Krise die Steuersätze für Spitzenverdiener verringern. Ob es gut geht oder sehr schlecht, immerzu findet sich eine Rechtfertigung für das Allheilmittel Steuerabbau. Doch wer wird eines Tages diese Riesenschulden abtragen? Vorwiegend die Arbeitnehmer. Dabei müssten die Vermögenden ihren angemessenen Beitrag leisten. Das geht aber nur, wenn die Steuern auf das Kapital wieder erhöht beziehungsweise wieder eingeführt werden (was internationale Absprachen zur Mässigung des Steuerwettbewerbs voraussetzt). Sonst wird die Masse der Lohnempfänger die Zeche zahlen.

Die breite Mittelschicht wird die Kosten der Krise tragen, solange sich der Staat mehr und mehr aus den Arbeitseinkünften finanziert und ohnehin die Abgaben auf die Arbeit laufend erhöhen muss: die Sozialabgaben. Die Wirtschaftskrise trägt dazu bei, Sozialversicherungen weiter auszuhöhlen. Mehr Lohnprozente für schlechtere Leistungen der Arbeitslosen-, der Pensions- und erst recht der Krankenkassen — das war schon vor dem Krach die Tendenz, jetzt verstärkt sie sich.

Wenn zusehends die Arbeitnehmer das Gemeinwesen finanzieren, während der Staat einen happigen Teil der Verluste von Kapitalgebern sozialisiert, dann hinkt der Kapitalismus. Das Gleichgewicht zwischen Arbeit und Kapital ist nicht nur ein soziales Gebot, sondern vor allem ein ökonomisches: Wird — wie heute — der eine Produktionsfaktor gegenüber dem anderen systematisch privilegiert, gerät die Volkswirtschaft in Schieflage. Und die Gesellschaft erst recht. Angestellte und Arbeiter ziehen aber auch dann den Kürzeren, wenn nach der Schuldenkrise der Abbau der «Krisenschulden» über eine hohe Inflation erfolgt und die Geldentwertung ihre Ersparnisse, ihre Pensionen dezimiert. Fährt der Kapitalismus fort, das Kapital zu bevorzugen und die Arbeit zu benachteiligen, wird er wirtschaftlich und politisch noch krisenanfälliger. Die Krise des Kapitals kann kapitale Staatskrisen hervorrufen.

Zwischenergebnis 1
Ein verantwortlicher Kapitalismus braucht: Mechanismen der Mässigung von Gier; ein besseres Gleichgewicht zwischen Kapital und Arbeit und namentlich den Abbau steuerlicher Privilegien für das Kapital; Schranken für den Steuerwettbewerb, der die Staaten auszehrt; eine Abkehr vom Defizitdenken in den Vereinigten Staaten und — weil per Definition die Defizite der einen die Überschüsse der anderen ausmachen — ein Ende der trügerischen Sucht nach Überschüssen in Asien und Europa.

Nächste Folge: Markt ist Macht

Roger de Weck ist Publizist und schreibt regelmässig für «Das Magazin». Dieser Text ist Teil eines Buchprojekts, das unter dem Titel «Gibt es einen anderen Kapitalismus?» erscheinen wird. «Das Magazin» publiziert in loser Folge Auszüge, der nächste Teil wird sich mit dem Thema «Markt ist Macht» beschäftigen.

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