Mittwoch, Juli 07, 2010

Gründe für Boni sind schon lange zweifelhaft

Tages Anzeiger Online 06.07.2010
Gründe für Boni sind schon lange zweifelhaft
Von Markus Diem Meier.

Schon früher waren die Banken für die Gesellschaft und die Aktionäre schlechter als bisher angenommen, schreibt die Bank für Internationalen Zahlungsausgleich. Und in Zukunft würden sich neue Probleme zeigen.

Seit der Krise stehen die Banken in der Öffentlichkeit im Regen. Doch ihnen wird zumindest zugestanden, in der Zeit davor aussergewöhnlich gute Geschäfte gemacht zu haben. Die beliebteste Kennzahl, um das auszuweisen, war die Eigenkapitalrendite. Sie weist den Gewinn in Prozent des Eigenkapitals aus. Auf diese Zahl verweist die Finanzindustrie gerne auch zur Rechtfertigung besonders hoher Boni. Denn – so das Argument – eine hohe Eigenkapitalrendite bedeute letztlich auch, dass die Aktionäre als Eigenkapitalgeber mit dem Unternehmen Kasse machen. Daher bauen auch neue Bonusmodelle – wie jenes der Credit Suisse – unter anderem auf der künftig zu erzielenden Eigenkapitalrendite auf.

Der Ende Juni veröffentlichte Jahresbericht der Bank für Internationalen Zahlungsausgleich (BIZ) geht detailliert auf diese Kennzahl und ihre Entwicklung ein und kommt zu überraschenden und für die Banken wenig schmeichelhaften Resultaten. Laut der BIZ lag die Rentabilität der Banken auf dem gesamten eingesetzten Kapital deutlich tiefer....



Tages Anzeiger Online 06.07.2010
Gründe für Boni sind schon lange zweifelhaft
Von Markus Diem Meier.

Schon früher waren die Banken für die Gesellschaft und die Aktionäre schlechter als bisher angenommen, schreibt die Bank für Internationalen Zahlungsausgleich. Und in Zukunft würden sich neue Probleme zeigen.

Seit der Krise stehen die Banken in der Öffentlichkeit im Regen. Doch ihnen wird zumindest zugestanden, in der Zeit davor aussergewöhnlich gute Geschäfte gemacht zu haben. Die beliebteste Kennzahl, um das auszuweisen, war die Eigenkapitalrendite. Sie weist den Gewinn in Prozent des Eigenkapitals aus. Auf diese Zahl verweist die Finanzindustrie gerne auch zur Rechtfertigung besonders hoher Boni. Denn – so das Argument – eine hohe Eigenkapitalrendite bedeute letztlich auch, dass die Aktionäre als Eigenkapitalgeber mit dem Unternehmen Kasse machen. Daher bauen auch neue Bonusmodelle – wie jenes der Credit Suisse – unter anderem auf der künftig zu erzielenden Eigenkapitalrendite auf.

Der Ende Juni veröffentlichte Jahresbericht der Bank für Internationalen Zahlungsausgleich (BIZ) geht detailliert auf diese Kennzahl und ihre Entwicklung ein und kommt zu überraschenden und für die Banken wenig schmeichelhaften Resultaten. Laut der BIZ lag die Rentabilität der Banken auf dem gesamten eingesetzten Kapital deutlich tiefer als in anderen Branchen. Die Eigenkapitalrentabilität der Banken war dagegen nicht höher als bei anderen Branchen. Dass sie es dennoch auf eine Eigenkapitalrentabilität im gleichen Ausmass wie andere brachten, verdanken die Banken allein einer sehr grossen Hebelwirkung. Mit anderen Worten: Je kleiner der Eigenkapitalanteil am Gesamtkapital, desto höher ist der Anteil des Gewinns an diesem Eigenkapital. Desto kleiner ist aber auch das Polster, um Verluste noch tragen zu können.

Kleiner Ertrag für das eingegangene Risiko

Die BIZ schliesst daraus, dass der Ertrag für das eingegangene Risiko bei den Banken daher schon vor der Krise ungenügend war. Das bezieht sich nicht nur auf das eingegangene Risiko einer Pleite. Aktionäre bezahlten die hohe Eigenkapitalrentabilität auch mit höheren Schwankungen der Aktienrenditen, als sie in anderen Branchen die Regel waren: «Obwohl Finanzaktien in einigen Dekaden höhere Renditen abwarfen, war ihr Ertrag in risikobereinigter Betrachtung in den vergangenen 40 Jahren insgesamt ähnlich oder schwächer als bei Nichtfinanzaktien», schreibt das BIZ. Der gewaltige Aufstieg der Finanzbranche in dieser Zeit ist daher an ihren Besitzern vorbeigegangen. «Die hohen Aktienrenditen im Bankensektor waren nicht nachhaltig, da sie auf hohen Fremdfinanzierungsquoten sowie dem Eingehen von Risiken beruhten, die in einer Stressphase nicht mehr tragbar waren.»

Gemäss dem Jahresbericht bilden die Banken eine ausgesprochene Schönwetterbranche. In Boomphasen entwickeln sie sich lediglich geringfügig besser als der Rest des Marktes, in Phasen gesamtwirtschaftlicher Anspannung haben sie sich dagegen «besonders schlecht entwickelt». Die Gewinne in den guten Jahren hätten aber in der Regel nicht ausgereicht, um die Verluste in den schlechten Zeiten auszugleichen.

Die Schlacht um Basel III im Hintergrund

Die kritischen Worte der BIZ zur Eigenkapitalrendite und zur wirtschaftlichen Leistungsfähigkeiten erfolgen auf dem Hintergrund einer hart geführten Auseinandersetzung um neue Regulierungen. Das BIZ mit seinem Hauptsitz in Basel bereitet bereits neue Regeln vor (Basel III), die an die Banken wesentlich höhere Eigenkapitalanforderungen stellen werden. Diese wehren sich heftig dagegen und warnen bereits vor grossen volkswirtschaftlichen Verlusten, wenn die Regeln eingeführt würden. Denn sie müssten dann die Kredite drosseln und Leute entlassen, um noch genügend wirtschaftlich bleiben zu können.

Die BIZ argumentiert, dass ein Aufbau von zusätzlichem Eigenkapital keineswegs zu grossen Kosten führe. Denn das würde die Banken sicherer machen, was sich wiederum in niedrigeren Zinskosten für aufgenommenes Kapital niederschlagen werde. Selbst wenn die Banken dieselbe Eigenkapitalrendite erzielen wollten, wären bei einer Kapitalaufstockung die erforderlichen Sparmassnahmen gering. Viel stärker ins Gewicht falle ohnehin, wenn die Staaten jegliche Absicherung der Banken aufgeben würden. Das bedeutet, die aktuelle Eigenkapitalrentabilität der Banken ist ohnehin Resultat einer impliziten Subvention durch die Steuerzahler. Dessen müssten sich auch die Anleger in Bankaktien bewusst sein, schreibt die BIZ.

Der Reiz tieferer Eigenkapitalrenditen

Die BIZ wünscht allerdings gar keine gleich bleibende Eigenkapitalrentabilität der Banken, sondern fordert explizit deren Senkung. Es habe sich schliesslich gezeigt, dass zwischen der Höhe dieser Rentabilität bei Banken und ihrer Beanspruchung von Staatshilfe ein deutlich positiverer Zusammenhang besteht. «Niedrigere Eigenkapitalrenditen können sowohl aus Sicht der langfristigen Anleger als auch für die Gesamtwirtschaft wünschenswert sein,» schliesst die BIZ.

Für die künftige Profitabilität der Banken zeigt sich die BIZ daher nicht in erster Linie wegen höheren Kapitalvorschriften skeptisch. Hingegen würden andere Faktoren die Erlöse belasten: So müssten die Banken allein in den nächsten zwei Jahren Gelder im Umfang von 3 Billionen Dollar zurückzahlen oder neu finanzieren. Weil die Risikozuschläge im Vergleich zu 2007 um das Zehnfache gestiegen seien, würde das weit mehr kosten als früher. Eine weitere Belastung werde sein, wenn die Staaten ihre implizite und explizite Unterstützung des Sektors tatsächlich aufgäben. (Tagesanzeiger.ch/Newsnetz)

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