Mittwoch, Juni 24, 2009

Tages Anzeiger :23.06.09 Kriegstreiber Bush und Blair auf der Anklagebank

Tages Anzeiger Online 23.06.09
Kriegstreiber Bush und Blair auf der Anklagebank
Von Martin Kilian, Washington.

Die Vorgeschichte des Irakkriegs wird im britischen Parlament für rote Köpfe sorgen. Ein Thema ist das brisante Memorandum eines Beraters des damaligen Ministerpräsidenten Tony Blair.

Morgen wird das Parlament in London inmitten von geplanten Protesten von Kriegsgegnern beraten, ob die offizielle Untersuchung der Hintergründe der britischen Teilnahme an George W. Bushs Einmarsch im Irak öffentlich oder hinter verschlossenen Türen stattfinden soll.

Die Vorgänge in London werden sehr aufmerksam in Washington....



Tages Anzeiger Online 23.06.09
Kriegstreiber Bush und Blair auf der Anklagebank
Von Martin Kilian, Washington.

Die Vorgeschichte des Irakkriegs wird im britischen Parlament für rote Köpfe sorgen. Ein Thema ist das brisante Memorandum eines Beraters des damaligen Ministerpräsidenten Tony Blair.

Morgen wird das Parlament in London inmitten von geplanten Protesten von Kriegsgegnern beraten, ob die offizielle Untersuchung der Hintergründe der britischen Teilnahme an George W. Bushs Einmarsch im Irak öffentlich oder hinter verschlossenen Türen stattfinden soll.

Die Vorgänge in London werden sehr aufmerksam in Washington verfolgt werden: Während in der amerikanischen Hauptstadt eine umfassende Abrechnung mit dem Krieg auf Grund politischen Widerstands kaum zu erwarten ist, könnte in London die schmutzige Wäsche des Kriegs im Irak vor aller Augen gewaschen werden.


Zwar hatte sich Premier Gordon Brown auf Druck seines Vorgängers Tony Blair zunächst gegen eine öffentliche Untersuchung gesperrt, doch will Brown nach scharfen Protesten einlenken. George W. Bush und präsidialen Mitarbeiter wie der damaligen Sicherheitsberaterin Condolezza Rice könnte die Ausleuchtung des britischen Kriegseintritts einmal mehr politische Peinlichkeiten bescheren.

Unter anderem wird sich die Londoner Untersuchung mit einem brisanten Memorandum befassen, das beim Besuch Blairs im Weissen Haus am 31. Januar 2003 entstand – knapp zwei Monate vor Beginn des Kriegs also.

Das 2006 erstmals in Grossbritannien publizierte Memorandum basiert auf den Notizen von Blairs aussenpolitischem Berater David Manning, der den Gesprächen zwischen Bush und Blair an jenem Januartag beiwohnte. Ein öffentliche Prüfung dieses Memorandums dürfte in Washington neuerliche Forderungen nach einer umfassenden Aufarbeitung der Vorgeschichte des Einmarschs im Irak auslösen.

Das Memorandum, dessen Authentizität weder in London noch in Washington bestritten wurde, belegt unter anderem, dass die Entscheidung zum Krieg im Januar 2003 bereits gefallen war, obwohl Bush wie Blair beteuerten, man werde der Diplomatie bei den Vereinten Nationen eine letzte Chance geben.

Saddam Hussein provozieren

Da die Uno-Inspekteure zu diesem Zeitpunkt noch immer keine Spur der vermeintlichen irakischen Massenvernichtungswaffen gefunden hatten, schlug Bush bei der Begegnung mit Blair vor, Saddam Hussein zu provozieren und dadurch einen Vorwand für eine Intervention zu erhalten.

Bush wollte den Aufzeichnungen Mannings zu Folge ein amerikanisches U2-Aufklärungsflugzeug in den Farben der Uno in den irakischen Luftraum entsenden. Falls Saddam das Flugzeug angreife, verletze er Uno-Resolutionen und liefere den Anlass zum Krieg, so Bush.

Auf Blairs Verlangen nach einer zweiten Uno-Resolution, die einen Einmarsch legitimieren sollte, antwortete Bush laut dem Memorandum, die Vereinigten Staaten würden «ihr gesamtes Gewicht für eine zweite Resolution verwenden» und widerstrebenden Nationen notfalls «drohen».

Tatsächlich ordnete das Weisse Haus noch am selben Tag die elektronischen Spione der «National Security Agency» in Fort Meade nahe Washington an, die Telefone und Emails von Uno-Delegationen auszuspähen, die sich im Sicherheitsrat einem Krieg widersetzten.

Ein anderer Plan, der in Mannings Memorandum indes nicht erwähnt wird, sah vor, irakische Oppositionelle aus ihrem Exil mit Helikoptern in den Süden des Irak zu fliegen, wo sie auf einem Militärstützpunkt nahe der Grenze zu Saudiarabien einen Aufstand gegen Saddam ausrufen sollten. Ein irakischer Gegenangriff, so die Schlussfolgerung des Weissen Hauses, brächte den Diktator automatisch mit Uno-Resolutionen in Konflikt und lieferte mithin einen Kriegsgrund. (Tagesanzeiger.ch/Newsnetz)

Erstellt: 23.06.2009, 07:37 Uhr

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