Mittwoch, Dezember 23, 2009

Zu Weihnachten und für - aber nicht nur! - das neue Jahr!

So werden auch Sie zum guten Menschen
Von Theo Schilter. Aktualisiert am 21.12.2009

Moral und Ethik schaffen es zum Jahresende regelmässig in die Zeitungen. Am Alltag der Menschen ändert sich trotz einfacher Verhaltensregeln wenig.

Gemeingefährliche Fundamentalisten rechtfertigen ihr Tun ebenso mit Moral und Ethik wie bedauernswerte Sozialfälle. Despoten tun es und Dumpfbacken auch. Moral und Ethik sind wohlfeil und bergen gleichzeitig die Gefahr von Betrug und Selbstbetrug. Ideologen und religiöse Eiferer setzen die beiden öfter als Herrschaftsinstrumente ein denn als Mittel zur Befreiung. Beladen mit den «Du sollst»und «Du musst»-Vorgaben schleppen wir uns alle schwer über das Alltagspflaster, den Blick nach unten gerichtet statt nach vorn und zur Seite.

Man bekommt den Eindruck, dass Moral und Ethik im Alltag unter dem Strich von zweifelhaftem Nutzen sind und nicht allzu viel taugen. Umso....


So werden auch Sie zum guten Menschen
Von Theo Schilter. Aktualisiert am 21.12.2009

Moral und Ethik schaffen es zum Jahresende regelmässig in die Zeitungen. Am Alltag der Menschen ändert sich trotz einfacher Verhaltensregeln wenig.

Gemeingefährliche Fundamentalisten rechtfertigen ihr Tun ebenso mit Moral und Ethik wie bedauernswerte Sozialfälle. Despoten tun es und Dumpfbacken auch. Moral und Ethik sind wohlfeil und bergen gleichzeitig die Gefahr von Betrug und Selbstbetrug. Ideologen und religiöse Eiferer setzen die beiden öfter als Herrschaftsinstrumente ein denn als Mittel zur Befreiung. Beladen mit den «Du sollst»und «Du musst»-Vorgaben schleppen wir uns alle schwer über das Alltagspflaster, den Blick nach unten gerichtet statt nach vorn und zur Seite.

Man bekommt den Eindruck, dass Moral und Ethik im Alltag unter dem Strich von zweifelhaftem Nutzen sind und nicht allzu viel taugen. Umso erstaunlicher ist, dass es die Alternativen so schwer haben. Dabei gibt es Regeln, welche ihren viel grösseren Nutzen längst bewiesen haben und allseits auf Anhieb verstanden werden. Älter als das Christentum und der Islam, sind sie aus dem Alltag entstanden und haben sich darin unzählige Male bewährt. Diese Regeln sind weder religiös noch ideologisch; sie überbürden weder Schuld noch Scham und lassen die Verantwortung dort, wo sie hingehört: beim Menschen. Gemeint sind die vier Kardinaltugenden:

* Klugheit
*
* Gerechtigkeit
*
* Tapferkeit
*
* Mass halten
*

Wir wissen alle sofort, was gemeint ist. Debatten über Definitionen, Umfang und Interpretationen erübrigen sich weitgehend, Ideologien verpuffen. Die Vier sind das Destillat des riesigen Erfahrungsschatzes der Menschheit, gemeinsamer Nenner von Religionen und Kulturen. Den Praxistest haben sie schon längst bestanden.

Als eine Art Taschenmesser mit vier Werkzeugen kann man damit jederzeit und überall Entscheidungen prüfen. Menschen und Gesellschaften, welche die vier Tugenden beachten, vermeiden vorhersehbare Fehler. Sie verhindern Streit, Verschwendung und Selbstmitleid. Aus Erfahrung, nicht aus Glauben.

Ist das wieder so ein leeres Heilsversprechen? Machen wir das Exempel: Praktisch alle grossen Probleme der Gesellschaften gehen auf die Verletzung mindestens einer der vier Tugenden zurück:

* Armut und Hunger? Schreiende Ungerechtigkeit.
*
* Finanzkrise, Klimaerwärmung? Nicht Mass gehalten.
*
* Swissair, UBS? Dummheit und masslose Gier.
*
* Verzogene Jugend? Mangel an Tapferkeit (der Eltern).

Setzen Sie zum Test weitere Beispiele auf die Liste. Klopfen Sie Ihre privaten Fehler und die gesellschaftlichen Probleme mit den vier Tugenden ab. Die Resultate sind lehrreich.

Mitleid statt Wut

Erstaunlicherweise lösen die vier Kardinaltugenden auch den Widerspruch zwischen Individuum und Gesellschaft: Wer sie beachtet, hilft beiden; wer sie verletzt, schädigt sich selbst mehr, als er sich nützt. Das ist kein Wunschdenken, sondern nachweislich: Scharenweise werden Abzocker depressiv, Egoisten einsam, Bequemlinge krank, Jammerer langweilig. Misst man diese Leute an den Tugenden, kommen nicht mehr Wut und Neid auf, sondern Mitleid, schlimmstenfalls Schadenfreude.

Scheinbar sind die vier Kardinaltugenden zu banal und zu praktisch, als dass die Medien sie aufgreifen würden. Aber bekanntlich sind die wirklich guten Dinge immer schlicht und einfach. Und nachdem man sich einige Zeit bemüht hat, sie zu beachten, entfalten sie ihre Vorzüge: Sie befreien von drückenden Vorhaltungen der Religionen und Weltanschauungen und bringen ein unbeschwertes Leben in eigener, überschaubarer Verantwortung. Entscheiden Sie locker aus dem Bauch heraus und machen Sie dann rasch den Vier-Punkte-Check: Wenn ich das jetzt so mache, wie ich möchte, ist das sowohl klug, gerecht und tapfer wie auch massvoll? Falls nicht, fällt es Ihnen meist nicht schwer, es bleiben zu lassen – oder Sie machen den Fehler zumindest kalkuliert.

Ist Ihnen das Ganze zu nüchtern, zu wenig emotional? Riecht das nach Atheismus? Sie werden entdecken, dass die vier Kardinaltugenden zusammen das ergeben, was auch das grösste Anliegen der Religionen ist: die Liebe zu den Menschen und der Welt. Und dass deren Tiefsinn und Weisheit schon Bibliotheken füllen.

Fast so bedeutend wie das, was auf der kurzen Tugendliste steht, ist das, was nicht drauf ist. Viele Anforderungen, die auf uns einprasseln und uns unter Dauerstress setzen, können wir getrost vergessen. Sind Sie feige? Oder schüchtern, ängstlich, humorlos, launisch und was der schlechten Eigenschaften noch sind? Das ist alles nicht so wichtig. Lassen Sie das erleichtert beiseite und konzentrieren Sie ihre Energie auf die Vier, auf die es wirklich ankommt.

Wie können Sie 2010 die vier Tugenden besser beachten? Auf dieselbe Art, wie Sie das Einmaleins gelernt haben: Mit täglichem Üben und täglichen Fehlern im Kleinen wie im Grossen. Sie können nur gewinnen.

http://de.wikipedia.org/wiki/Kardinaltugend#

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