Montag, Mai 24, 2010

Schwacher Euro als Segen

18. Mai 2010, 11:07, NZZ Online
Schwacher Euro als Segen

Europäische Exportwirtschaft profitiert
Der Griechenland-Strudel und der schwächere Euro freut die europäische Exportindustrie.

Alle verfolgen derzeit den fallenden Euro-Dollarkurs und glauben dabei, der Eskalation der Krise der Euro-Zone zuschauen zu können. Doch der Wechselkurs taugt wenig als Mass für die Krise. Der schwache Euro dürfte sich als Segen entpuppen.

Von Marco Metzler

Der Alltag der Devisenhändler interessiert die Öffentlichkeit normalerweise kaum. Wenn aber allenthalben das Ende des Euro und der Euro-Zone ausgerufen wird, dann erscheint plötzlich die tägliche Veränderung der vierten Stelle hinter dem Komma des Euro-Dollarkurses die ganze Welt zu bewegen und für Schlagzeilen zu sorgen. Ist die tägliche Veränderung einer Kommastelle relevant? Dass der Euro in den letzten Monaten schwächer geworden ist, ist eine Tatsache. Aber ist dies tatsächlich so schlecht?

Langfristige Betrachtung

Macht man einen Schritt zurück und öffnet den Fokus vom hektischen Tagesgeschäft der Devisenhändler auf den langfristigen Verlauf des Euro-Dollarkurses, dann relativiert sich die Euro-Schwäche. Denn der Euro ist im langfristigen Vergleich weiterhin stark. Nach der Einführung des Euro als Buchgeld am 1. Januar 1999 kannte die Einheitswährung zuerst gegenüber der US-Währung nur eine Richtung: nach unten.

Am 25. Oktober 2000 erreichte der Kurs bei 0,872 den tiefsten Stand. Nachdem der Euro am 1. Januar 2002 auch als Bargeld eingeführt worden war, begann dann der Höhenflug der europäischen Währung. Sie durchbrach....



18. Mai 2010, 11:07, NZZ Online
Schwacher Euro als Segen

Europäische Exportwirtschaft profitiert
Der Griechenland-Strudel und der schwächere Euro freut die europäische Exportindustrie.

Alle verfolgen derzeit den fallenden Euro-Dollarkurs und glauben dabei, der Eskalation der Krise der Euro-Zone zuschauen zu können. Doch der Wechselkurs taugt wenig als Mass für die Krise. Der schwache Euro dürfte sich als Segen entpuppen.

Von Marco Metzler

Der Alltag der Devisenhändler interessiert die Öffentlichkeit normalerweise kaum. Wenn aber allenthalben das Ende des Euro und der Euro-Zone ausgerufen wird, dann erscheint plötzlich die tägliche Veränderung der vierten Stelle hinter dem Komma des Euro-Dollarkurses die ganze Welt zu bewegen und für Schlagzeilen zu sorgen. Ist die tägliche Veränderung einer Kommastelle relevant? Dass der Euro in den letzten Monaten schwächer geworden ist, ist eine Tatsache. Aber ist dies tatsächlich so schlecht?

Langfristige Betrachtung

Macht man einen Schritt zurück und öffnet den Fokus vom hektischen Tagesgeschäft der Devisenhändler auf den langfristigen Verlauf des Euro-Dollarkurses, dann relativiert sich die Euro-Schwäche. Denn der Euro ist im langfristigen Vergleich weiterhin stark. Nach der Einführung des Euro als Buchgeld am 1. Januar 1999 kannte die Einheitswährung zuerst gegenüber der US-Währung nur eine Richtung: nach unten.

Am 25. Oktober 2000 erreichte der Kurs bei 0,872 den tiefsten Stand. Nachdem der Euro am 1. Januar 2002 auch als Bargeld eingeführt worden war, begann dann der Höhenflug der europäischen Währung. Sie durchbrach die Marke von 1 Euro zu 1 Dollar – auch Parität genannt – im Jahr 2003 nachhaltig nach oben. Den historischen Höchststand erreichte der Euro am 22. April 2008 als er gegenüber dem Dollar bei 1,5991 notierte. Derzeit liegt der Euro auf einem Vierjahretief gegenüber dem Dollar aber immer noch leicht über der Marke von 1,23. Damit ist er gegenüber dem Höchststand zwar um 23 Prozent schwächer geworden, gegenüber dem Tiefststand aber immer noch um 41 Prozent stärker.

Segen für Exportindustrie

Die Euro-Zone hat damals das Unterschreiten der Parität zum Dollar schadlos überstanden. Heute dürfte dies nicht anders sein. Selbst wenn der Euro künftig wieder Parität erreichen sollte, brauchen die Politiker nicht in Panik zu verfallen – denn ein schwacher Euro ist durchaus auch segensreich für die Länder des Euro-Raums.

Ein schwacher Euro verteuert für die Bewohner der Euro-Zone zwar die Importe aus dem Ausland, verbilligt aber im Gegenzug die Exporte ihrer Unternehmen ins Ausland. Davon profitieren hauptsächlich Länder mit einer starken Exportwirtschaft – allen voran Deutschland. Die Unternehmen der Euro-Zone, die einen hohen Teil ihrer Wertschöpfung innerhalb des Euro-Raums erbringen, werden durch einen sich abschwächenden Euro auf dem internationalen Markt noch wettbewerbsfähiger als bisher. Dadurch wird mehr exportiert und die Wirtschaft gewinnt an Fahrt. Mit einem beschleunigten Wirtschaftswachstum dürfte auch der Druck auf die EZB steigen, die Zinsen zu erhöhen, was wiederum dem Euro Auftrieb geben dürfte. Dadurch wird sich dann auch der Euro-Dollar-Kurs wieder auf einem von den Marktkräften noch zu bestimmenden Niveau einpendeln.

Aber auch für die Länder der Peripherie, wie beispielsweise Griechenland, ist der schwächere Euro ein Segen. Die Abwertung des Euro mindert den Druck auf die Löhne und die Preise (auch innere Abwertung genannt). Dies ist notwendig, um international gesehen wieder wettbewerbsfähiger zu werden und die Leistungsbilanzdefizite zu senken. Die Abschwächung des Euro wirkt zudem über teurere Importe der Deflationsgefahr entgegen, die vielen peripheren Euro-Ländern wegen ihrer einschneidenden Sparprogramme droht.

Wenig aussagekräftiger Wechselkurs


Das Hauptproblem der Euro-Zone (und übrigens auch von Grossbritannien, USA und Japan) ist die hohe Staatsverschuldung. Die europäischen Politiker arbeiten mit Hilfspaket, Sparprogrammen und Aktionismus derzeit daran, diese Staatsverschuldung in den Griff zu kriegen. Ob die Bemühungen der Politiker Wirkung zeigen, lässt sich vor allem an den Renditen der Staatsanleihen und an den Kreditausfallsversicherungen ablesen – aber nicht am Wechselkurs. Dass der Euro sinkt, ist kein Anlass zur Sorge, sondern das Ergebnis aus Angebot und Nachfrage und braucht deshalb die Politiker nicht zu stören. Die Euro-Schwäche gegenüber dem Dollar ist kein Mass für das Ausmass der Krise.

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