Sonntagszeitung
08.03.2009
Folgt auf Finanzkrise eine Ölkrise?
Energieexperten befürchten nach einer konjunkturellen Erholung einen Preisschock
Von Thomas Hammer
Während viele Anleger noch im Bann der Banken- und Finanzkrise stehen, warnen Experten bereits vor der nächsten Krise. «Wir könnten auf eine neue Krise zusteuern, deren Ausmass die gegenwärtige übertreffen könnte», sorgt sich Nobuo Tanaka, Chef der Internationalen Energieagentur (IEA) in Paris. Noch sei der Ölpreis am Boden, doch könnte der Preis für ein Barrel Rohöl im Lauf der nächsten vier Jahre auf bis zu 200 US-Dollar explodieren.
Sonntagszeitung
08.03.2009
Folgt auf Finanzkrise eine Ölkrise?
Energieexperten befürchten nach einer konjunkturellen Erholung einen Preisschock
Von Thomas Hammer
Während viele Anleger noch im Bann der Banken- und Finanzkrise stehen, warnen Experten bereits vor der nächsten Krise. «Wir könnten auf eine neue Krise zusteuern, deren Ausmass die gegenwärtige übertreffen könnte», sorgt sich Nobuo Tanaka, Chef der Internationalen Energieagentur (IEA) in Paris. Noch sei der Ölpreis am Boden, doch könnte der Preis für ein Barrel Rohöl im Lauf der nächsten vier Jahre auf bis zu 200 US-Dollar explodieren.
Versäumte Investitionen könnten Ölpreis steigen lassen
Die Reaktionen von Konsumenten und Unternehmen auf die Finanzkrise könnten die drohende Ölkrise nach Ansicht der Energieagentur noch verschlimmern. Aufgrund steigender Finanzierungskosten und des stark gesunkenen Ölpreises haben nämlich viele Ölkonzerne ihre Investitionen in die Erschliessung, Förderung und Modernisierung von Raffinerien drastisch zurückgefahren. So hat die Credit Suisse in einer Analyse zur Aktie des Ölmultis BP ihre Schätzung für die im laufenden Jahr getätigten Investitionen um 10 Prozent herabgesetzt. «Die langfristigen Produktionsziele für BP sehen wir skeptischer als deren Management», so die Credit-Suisse-Analysten.
Die Konsumenten haben derzeit andere Sorgen, als Geld für eine Senkung des Energieverbrauchs von Haus und Auto auszugeben, zumal die gesunkenen Heizöl- und Benzinpreise die Wirtschaftlichkeitsrechnungen solcher Aufwendungen verschlechtern. Doch wenn wie erhofft die Weltwirtschaft wieder anzieht, könnten versäumte Investitionen in Förderquantität und Energieeffizienz den Ölpreis rasch nach oben treiben, weil die Produktion mit der steigenden Nachfrage nicht Schritt halten kann.
China sicherte sich tägliche Öllieferung für 20 Jahre
Die Anzeichen mehren sich, dass die derzeitige Ruhe am Ölmarkt trügerisch ist. So hat die US-Bank Morgan Stanley Ende Januar einen Supertanker mit 300 000 Tonnen Rohöl an Bord geleast und will die flüssige Fracht zu einem späteren Zeitpunkt mit Gewinn wieder veräussern. Auch andere Investoren haben die Öllagerung als Spekulation auf steigende Preise entdeckt.
«Die Investoren nutzen eine günstige Gelegenheit, die wahrscheinlich nur von kurzer Dauer ist», meint der Londoner Rohstoffanalyst Gareth Lewis-Davies von Dresdner Kleinwort dazu. Noch einen Schritt weiter ist die chinesische Regierung gegangen, die den russischen Ölmultis Rosneft und Transneft mit Krediten in Höhe von 25 Milliarden Dollar ausgeholfen hat. Im Gegenzug bekommt China 20 Jahre lang täglich 48 000 Tonnen Öl von den Russen geliefert.
Wenn institutionelle Investoren strategische Grossinvestments im Ölsektor tätigen, ist dies ein Indiz dafür, dass sie zumindest mittelfristig einen Preisanstieg erwarten. Zwar werden bei einer Zunahme der Ölnachfrage zunächst einmal die prall gefüllten Lager angezapft und dann nach und nach die auf See dümpelnden Supertanker der Investoren in die Häfen gebracht. Doch der Entspannungseffekt der Lagerleerung ist zeitlich begrenzt: Erweist sich der Aufschwung als nachhaltig, könnte mit dem Hochfahren der globalen Industrieproduktion eine massive Verteuerung des Öls einhergehen.
Auch wenn der Zeitpunkt eines nachhaltigen Ölpreisanstieges schwer einzuschätzen ist, sollten Aktienanleger diesen Faktor im Auge behalten. Allzu schnell kann nämlich teurer werdendes Benzin und Diesel die Freude über eine Erholung im Automobilsektor zunichte machen - zumindest bei den Herstellern, die trotz Absatzkrise nicht konsequent in die Weiterentwicklung von spritsparenden Modellen investiert haben. Auch bei Aktien aus Chemie, Transport und Touristik ist bei einer konjunkturellen Erholung die Rückschlagsgefahr gross, weil dann trotz steigender Umsätze die teureren Rohstoff- und Kraftstoffkosten auf die Ertragsrechnung drücken.
Je teurer das Öl, umso kräftiger sprudeln die Profite der Ölkonzerne. Auch Aktien von Solar- und Windkraftkonzernen, die derzeit von Analysten mit Zurückhaltung betrachtet werden, sind klassische Gewinner bei steigenden Ölpreisen. Wer mit Anlagezertifikaten auf den Ölpreis direkt an einer Verteuerung partizipieren will, sollte vorsichtig sein, weil der Zeitpunkt einer konjunkturellen Wiederbelebung schwer einschätzbar ist - mit zwei bis drei Jahren Vorlaufzeit sollten Anleger auf jeden Fall rechnen.
Publiziert am 08.03.2009
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